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In einer neuen Serie widme ich mich den Formen von Gewalt gegen Frauen. Es gibt noch viel zu tun. In Teil 1 geht es um häusliche Gewalt – und um ein neues Gesetz in Russland, das die Strafen für häusliche Gewalt extrem lockert.
Häusliche Gewalt ist gängige Praxis – überall
Es ist kaum vorstellbar – aber tatsächlich sind Frauen mehr von häuslicher Gewalt bedroht als von anderen Gewaltdelikten. In den eigenen vier Wänden unsicher sein, sich vor Familienangehörigen zu fürchten, ist für viele Frauen Alltag. Angefangen mit Treten, Schubsen und Ohrfeigen über Stoßen, Schleudern und Schlagen mit Gegenständen bis hin zu lebensbedrohlicher Gewalt wie Würgen, aber auch sexualisierte Gewalt haben 35% der Frauen weltweit bereits erlebt, die meisten vom eigenen Partner.
Aber doch nicht in Deutschland… oder?
Doch, auch in Deutschland! Hier liegt die Zahl der Frauen, die im Laufe ihres Lebens schon Gewalt durch den eigenen Partner erlebt haben, mit 25% nur wenig unter dem weltweiten Durchschnitt. Und anders, als von vielen vermutet wird, ist das Auftreten häuslicher Gewalt nicht abhängig von der sozialen Stellung. Dabei sind es mit rund 82% Frauen, die die Opfer sind. Aber auch 18% Männer. Die Gewalt gegen Männer ist ein großes Tabuthema.
Russland schreitet rückwärts – zu Lasten der Frauen
Im Januar hat Russland beim Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt eine komplette Rolle rückwärts hingelegt. Während bisher häusliche Gewalt mit ein bis zwei Jahren Haft bestraft wurde, drohen jetzt nur noch Geldstrafen von bis zu 470 Euro. Solange keine ernsthaften Verletzungen entstehen, wird nur noch von einer Ordnungswidrigkeit gesprochen. Die federführende Duma-Abgeordnete Jelena Misulina begründet den Entwurf damit, dass „in Russland […] die Familienwerte auf der Autorität der Eltern“ beruhen. Diese Tradition gelte es zu schützen. Die Eltern werden hier sozusagen vom Partner ersetzt.
In Russland stirbt alle 40 Minuten eine Frau an den Folgen häuslicher Gewalt. Auf das Jahr gerechnet sind das 14.000 Frauen. Wer hier mit Tradition, Werten, Religion oder ähnlichem argumentiert, hat das Prinzip der Menschenrechte nicht verstanden: Menschenrechte gelten unabhängig von Tradition und Religion – und unabhängig vom Geschlecht!
Was tut die Politik und was können Betroffene machen?
Am 8. März hat das Bundeskabinett die Umsetzung der Istanbul-Konvention beschlossen – endlich. Der Gesetzesentwurf zu dem Übereinkommen des Europarats soll Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt verhüten und bekämpfen. Dazu müssen wir jetzt vorbeugende Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen umsetzen:
- Zum Beispiel müssen Fachkräfte gezielter ausgebildet werden.
- Für Opfer von häuslicher Gewalt braucht es viel mehr Schutzräume und spezielle Hilfezentren, auf die mit Kampagnen aufmerksam gemacht und insgesamt zur Sensibilisierung für dieses Thema beigetragen wird.
- Die Gesetzeslage muss mehr dem Wohl der Opfer häuslicher Gewalt angepasst werden.
Aber das Wichtigste ist: Wenn man von häuslicher Gewalt betroffen ist oder sie bei anderen Personen mitbekommt: Helfen! Es gibt verschiedene Möglichkeiten:
- Rund um die Uhr steht ein kostenloses Hilfetelefon unter der Nummer 08000 – 116 016 zur Verfügung. Auch Angehörige oder Personen aus dem Umfeld können sich an die Hilfestelle wenden. Unterstützung wird in verschiedenen Sprachen angeboten.
- Frauen aus Nürnberg, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, finden hier zahlreiche Hilfestellen.
Bildnachweis: Gabriele Remscheid / pixelio.de
Du bist eine Frau und vermutlich deshalb blendest du viele Betroffene einfach aus aber der Anteil männlicher Opfer ist erheblich, manche Studien behaupten sogar, dass Männer häufiger Opfer sind als Frauen. Andere gehen von etwa 20% aus.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article159678307/In-deutschen-Beziehungen-wird-immer-mehr-gepruegelt.html
Vor diesem Hintergrund ist es nun wirklich Zeit von dieser sexistischen Betrachtung weg zu kommen und geschlechtsneutral von betroffenen Menschen zu sprechen.
Damit haben sie vollkommen Recht, sehr geehrte_r „gripseljagd“. Vielleicht haben Sie es auch nur übersehen: Im Beitrag habe ich auf die etwa 18% der betroffenen Männer hingewiesen und auch betont, dass das immer noch ein Tabuthema ist. Ich werde auch nicht müde, bei verwandten Themen (Sie werden das noch in den kommenden Artikeln zur Serie lesen) auch immer wieder auf die Belange der Männer hinzuweisen. Ich bin eine große Befürworterin eines wirklichen Gender-Mainstreaming: In allen Bereichen muss auf die spezifischen Belange der Geschlechter hingewiesen werden.
Ich kann es nicht nachvollziehen, wie ein Mensch gewaltsam allgemein oder insbesondere gegen die eigene Familie sein kann!
Auch Täter_innen kann mann/frau helfen.
http://www.euline.eu
Der Anteil der emotionalen Gewalt ist noch viel höher.
Misshandlungen von Frauen werden viel zu häufig noch belächelt oder nicht wahrgenommen. Sehr gut sind dann solche Blogs wie Ihrer.