Gute Nachrichten erreichten uns: Deutschland ist im Ranking für Pressefreiheit um 11 Plätze nach oben gerutscht. Wir sind jetzt auf Platz 10 auf der weltweiten Rangliste von Reporter ohne Grenzen.
Ein Grund zu feiern – oder?
Nicht so wirklich. Das Problem mit Ranglisten ist nämlich, dass die Plätze immer im Vergleich vergeben werden. Im Fall von Deutschland ist tatsächlich ein Hauptgrund für den Aufstieg, dass andere Länder abgerutscht sind. Wie die Slowakei: Nachdem sich die Situation für Medienschaffende zuletzt sogar verbessert hatte, sind dort seit den Wahlen im letzten Jahr vermehrt Angriffe und sogar Morde an Journalist_innen zu verzeichnen. Das Beispiel der Slowakei zeigt, dass unter anderem Regierungswechsel große Veränderungen in der Pressefreiheit eines Landes mit sich bringen – und damit einen Abstieg im Ranking.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen stellt in ihrem aktuellen Bericht fest, dass besonders Politiker_innen die Pressefreiheit gefährden. Und das sind – wenig überraschend – vor allem rechtspopulistische. Seit Jahren ist bekannt, dass zum Beispiel Ungarn unter Viktor Orban die Medienwelt umbaut, einschüchtert und massiv einschränkt. Weltweit hat die Gewalt an Journalist_innen zugenommen – auch in demokratischen Staaten. Besonders schwer haben es Reporter_innen aber in Kriegsgebieten wie in der Ukraine oder im Sudan. In Gaza starben bisher so viele Medienschaffende in so kurzer Zeit wie in keinem anderen Konflikt im 21. Jahrhundert.
Ist jetzt aber Deutschlands Aufstieg in der Rangliste nur den schlechten Entwicklungen anderswo zu verdanken?
Nein! Ein weiterer Grund für den Aufstieg Deutschlands in der Rangliste soll sein, dass tatsächlich die Angriffe – entgegen dem internationalen Trend – auf Journalist_innen in Deutschland zurückgegangen sind. Aus den Vorjahren sind 103 (2022) bzw. 80 (2021) Übergriffe verzeichnet, im Berichtsjahr 2023 „nur“ 41. Die Tendenz scheint also gut zu sein – allerdings ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Viele Schilderungen von Angriffen können nicht verifiziert werden, weil beispielsweise Zeug_innen fehlen, häufig werden Fälle auch nicht zur Anzeige gebracht. Die Stimmung gegen Medienschaffende hat sich insgesamt in den vergangenen Jahren sehr verschärft; die Schwelle zu verbalen und online-Aggressionen sinkt und sinkt. Übrigens fanden die meisten dieser 41 gemeldeten Angriffe vorwiegend im Umfeld von rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Kundgebungen statt, aber auch bei Pro-Palästina-Demonstrationen.
Interessant ist in jedem Fall der Zusammenhang zwischen Rechtspopulismus und der Einschränkung der Pressefreiheit – sind doch Rechtspopulisten diejenigen, die am lautesten nach freien Medien schreien … Und das ist auch kein Wunder! Denn für gestandene Rechtspopulisten gilt: Nur die Journalist_innen sind freie Journalistinnen, die ihre Meinung (und ihre Hetze) nachbeten. Jedenfalls haben Regierungswechsel positive Entwicklungen nach sich gezogen: In Polen und Bulgarien hat sich nach Abwahl der Rechtspopulisten die Pressefreiheit verbessert.
Im Hinblick auf das Super-Wahljahr 2024 in Deutschland kann man aus all diesen Berichten eine klare Lehre ziehen: Rechtspopulisten keine Chance bieten. Demokratische Parteien wählen. Damit Pressefreiheit und Meinungsvielfalt geschützt werden.