Ein Kompromiss – aber einer mit sozialdemokratischer Handschrift!

Die Verhandlungen sind abgeschlossen, der Koalitionsvertrag liegt vor. Und ich muss sagen: Er kann sich wirklich blicken lassen.

Natürlich ist er kein Abbild unseres Wahlprogramms, er ist eben: Ein Kompromiss. Die Wahlergebnisse sind aber nun mal, wie sie sind, die SPD hat 16,4 Prozent geholt. Wir mussten – ob wir wollen oder nicht – ernsthaft an Kompromissen arbeiten. Als Wahlverlierer konnten wir nicht 100 Prozent der Forderungen des Wahlsiegers abschmettern.

Bis Ende April können nun die SPD-Mitglieder entscheiden, ob sie dem Koalitionsvertrag zustimmen oder nicht. Ich werde ihm zustimmen, aus verschiedenen Gründen:

Was ist denn die Alternative?

Wenn der Koalitionsvertrag dem Mitgliedervotum nicht standhält – wie geht es dann weiter?

Eine Möglichkeit wäre, eine Minderheitsregierung zu bilden, zum Beispiel ginge theoretisch Schwarz-Grün. Das bedeutet, für jede einzelne Entscheidung müssen Mehrheiten gesucht werden. Ständige Verhandlungen mit ständigem Streit sind die Folge, was die Regierungsarbeit lähmt. Größere Reformprojekte sind ohne stabile Mehrheit kaum umsetzbar. Das kann zu einer großen Frustration und starkem Vertrauensverlust führen – was wiederum den Rechten nur so in die Hände spielt.

Möglich wäre dann auch eine Koalition aus Union und AfD – da sag ich jetzt mal wirklich nichts zu.

Oder eben Neuwahlen. Aus Letzteren könnte die AfD aktuell noch stärker werden. Sie könnte die starke Erzählung herausposaunen, die Altparteien seien so verbraucht, dass sie keine Regierung mehr hinbekommen. Das wäre der Wunschtraum der AfD und die Erfüllung ihrer jahrelangen demokratiezersetzenden Propaganda.

Und inhaltlich? – Ist der Koalitionsvertrag gar nicht so schlecht!

Teile der Union melden sich zu Wort, denen der Koalitionsvertrag „zu sozialdemokratisch“ ist – na dann!? Jetzt mal im Ernst: Die SPD hat an sehr vielen Stellen Gutes für unser Land herausholen können; hier mal ein paar Beispiele:

Für Berufstätige

Arbeit soll sich lohnen – deshalb wollen wir Steuern für die breite Mitte senken und faire Löhne für mehr Leute. Der Mindestlohn soll bis 2026 auf 15 Euro steigen. Wir machen uns stark für günstige Mieten, niedrigere Stromkosten und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Für junge Menschen

Junge Menschen sollen unabhängig von der Herkunft gute Chancen bekommen. Dafür investieren wir in Bildung, bezahlbaren Wohnraum für Azubis und Studierende und ein reformiertes Bafög. Das günstige Deutschlandticket soll erhalten bleiben.

Für Familien und Kinder

Wir stärken Familien mit besseren Kitas, Ganztagsbetreuung und gezielter Unterstützung für Alleinerziehende und pflegende Angehörige. Kinder aus einkommensschwachen Familien sollen ein kostenloses Mittagessen bekommen. Für Familien mit kleinen Kindern oder Pflegebedarf planen wir ein jährliches Budget für haushaltsnahe Dienstleistungen.

Für Frauen

Wir kämpfen für echte Gleichstellung – mit fairer Bezahlung, mehr Partnerschaftlichkeit und besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kitas und Ganztagsbetreuung werden ausgebaut, Elterngeld verbessert. Es gibt mehr Schutz bei Schwangerschaftsabbrüchen, Mutterschutz für Selbstständige und härtere Strafen bei verweigertem Unterhalt.

Für Rentnerinnen und Rentner

Wir sichern eine stabile Rente bei mindestens 48 Prozent Rentenniveau bis 2031. Selbstständige und Geringverdiener sollen besser fürs Alter vorsorgen können. Die Mütterrente wird ausgeweitet, und 2.000 Euro können steuerfrei zur Rente hinzuverdient werden. Die abschlagsfreie Rente nach 45 Jahren bleibt bestehen.

Ich selbst war in den Koalitionsverhandlungen Mitglied der Arbeitsgruppe, die sich mit den Themen Außen, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte beschäftigt hat. Auch hier haben wir viel Positives rausholen können: Geplant sind u.a. ein mehrjähriger Investitionsplan für die Verteidigungsfähigkeit, schnellere Beschaffung bei der Bundeswehr und mehr europäische Zusammenarbeit bis hin zu einer Verteidigungsunion. Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der auf Freiwilligkeit beruht. Unser langfristiges Ziel bleibt das Bekenntnis zu Rüstungskontrolle, Nichtverbreitung und Abrüstung. Wir konnten uns erfolgreich dafür einsetzen, dass das Entwicklungsministerium bleibt und wir Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens intensivieren. Syrien und die Ukraine werden wir beim Wiederaufbau unterstützen.

Und ich sag mal so: Wenn Teilen der Union der Koalitionsvertrag zu sozialdemokratisch ist und die AfD entsetzt ist, kann das Ergebnis ja nicht so schlecht sein 😉

Hier entlang, wer noch mehr zum Koalitionsvertrag erfahren möchte.