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„Ob bei dieser Hitze wohl jemand kommt?“, fragte ich meine Mitarbeiterin Bettina skeptisch. „Bestimmt!“ entgegnete sie gewohnt optimistisch. Zu meiner Überraschung behielt sie Recht: Knapp 30 Bewohnerinnen und Bewohner der wbg-Siedlung am Nordostbahnhof besuchten meine „vor-Ort-Sprechstunde“ im SiGeNa-Treff bei tropischen 33 Grad.
SiGeNa steht für „Sicher – Gewohnt – Nachbarschaftlich“. Das Motto des Stützpunktes inmitten der grünen wie familienfreundlichen Siedlung erläuterte eingangs Frau Wirth, Fachberaterin `Zukunft Wohnen´ der Nürnberger Wohnungsbaugesellschaft wbg. Dort kümmern sich Mitarbeiterinnen des BRK um die großen und kleinen Nöte der BewohnerInnen im Viertel, sie beraten und vermitteln individuelle Hilfe wie häusliche Pflege, Fahrdienste, Hausnotrufe, hauswirtschaftliche Hilfen oder Essen auf Rädern. Ein Ziel dabei ist, dass die BewohnerInnen möglichst lange und sicher in den eigenen, vertrauten vier Wänden wohnen bleiben können.
Im SiGeNa-Treff kommen die AnwohnerInnen auch einfach so zusammen, um zu plaudern, gemeinsam zu essen oder ihre Freizeit zusammen zu gestalten.
Einige waren im Rahmen meiner Bürgersprechstunde zum ersten Mal dort, andere sind regelmäßige Gäste oder engagieren sich hier sogar ehrenamtlich.
Wer erwartet hatte, dass die sengende Hitze die Diskussionsfreude gesenkt hätte, irrte: Ich kam gar nicht dazu, mich vorzustellen, so schnell war eine leidenschaftliche Diskussion über das Freihandelsabkommen TTIP entbrannt. Ich skizzierte einige rote Linien, die niemals überschritten werden dürfen: z.B. keine Schiedsgerichte und keine Absenkung von sozialen oder ökologischen Standards. Die BesucherInnen hatten noch viele andere brennende Themen mitgebracht, wie Ehrenamtsarbeit, die jüngsten Streiks in den KiTas und bei der Post, die Themen Altersteilzeit und Altersarmut, bis hin zu den Themen Arbeitsausbeutung und Menschenhandel. Auch Stadtteilthemen, wie der Wunsch der Stadtteilbibliothek nach einem Neubau gemeinsam mit der Veit-Stoß-Realschule spielten eine wichtige Rolle.
Im Nachhinein stellte ich überrascht fest, dass ein Thema gar nicht angesprochen wurde: Die Griechenlandkrise. Ich wertete es aber gar nicht negativ, sondern eher in dem Sinne, dass den anderen vielleicht genau so wenig wie mir der Sinn danach stand, über „DIE Griechen“ ein allzu grobes Urteil fällen zu wollen… freilich aber nur eine Vermutung.
Einmal mehr durfte ich feststellen, wie nett es am Nordostbahnhof ist. Übrig blieb die Frage, wie leidenschaftlich die BewohnerInnen wohl erst bei angenehmeren Temperaturen diskutieren…