Fahrverbote! Damit hatte die FDP kürzlich gedroht, um den Druck auf eine Einigung beim Klimaschutzgesetz zu erhöhen. Und eine wahnsinnige Unruhe verursacht. Gott sei Dank sind Fahrverbote jetzt vom Tisch. Dann können wir uns wieder auf die wesentlichen Dinge konzentrieren! Sozialstaat kaltstellen!
Moment… Wie bitte?
Ja, Sie haben schon richtig gelesen: Finanzminister Lindner hatte vorgeschlagen, die Sozialausgaben einzufrieren, damit etwas mehr für den Etat des Verteidigungsministeriums rausspringt. Keine Frage, um die Bundeswehr streitfähig zu machen und das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, muss sich der Verteidigungshaushalt erhöhen. Aber deswegen den Sozialstaat einzufrieren, ist nicht nur höchst fragwürdig, sondern auch gefährlich: Würde man Lindners Vorschlag umsetzen (was mit der SPD nicht passieren wird), wäre das ungerecht, gefährlich für den sozialen Frieden. Denn was sind denn die Sozialausgaben? Das ist weit mehr als das neue Bürgergeld. Es geht um Gesundheit, die Versorgung im Alter, Leistungen für Familien, Menschen mit Behinderung oder Integration.
Übrigens ist die Sozialleistungsquote – also die Summe der Sozialleistungen in Prozent am Bruttoinlandsprodukt – keineswegs in den letzten Jahren steil nach oben gegangen. Sie war nach der Corona-Krise wieder gesunken. Aber gerade in der Pandemie wurde doch deutlich, wie wichtig ein starker Sozialstaat ist, der mit Leistungen wie dem Kurzarbeitergeld etliche Arbeitsplätze gesichert hat und durch die Corona-Hilfen zahlreichen Betrieben das Überleben sicherte. Viele eigentlich gesunde Betriebe hätten es ohne solche Leistungen des Sozialstaates nicht durch die Pandemie geschafft. Und auch jetzt haben wir Krise: Russland führt ja immerhin gerade einen Krieg in Europa. Deutschland musste über Nacht die Energieversorgung des Landes neu aufstellen, nachdem Putin uns den Gashahn zugedreht hat!
Sollen wir nun die Renten einfrieren, um damit neue Leopard-Panzer zu kaufen oder der Ukraine zu geben? Das kann ja wohl niemand wollen! Was aber übrig bleibt, ist der fehlende Etat für unsere Bundeswehr. Verteidigungsminister Boris Pistorius macht deutlich, dass die Lücke nicht einfach über das Einsparen an anderen Stellen geschlossen werden kann. Die Industrie braucht langfristige Sicherungen der Ausfinanzierung von Projekten. Wir sprechen hier von 6,7 Milliarden Euro. Das klingt nach einer Menge Geld – ist es auch. Wenn man sich aber einzelne Projekte ansieht und was diese so kosten, ist es auch schnell investiert. In jedem Fall aber gut investiert, nämlich für unsere Sicherheit.
Das gegeneinander Ausspielen dieser Bereiche ist inakzeptabel und – Hand aufs Herz, Herr Lindner – Unsinn. Zumal wir als Ampel es ja bislang durchaus hinbekommen: Investitionen in die soziale Sicherheit, wie mit dem kommenden Rentenpaket. Investitionen in die deutsche Verteidigungsfähigkeit mit dem Sondervermögen. Einen solchen Gleichklang brauchen wir auch weiterhin für ein umfassend sicheres Land! Und wenn wir dafür eine Reform der Schuldenbremse brauchen, dann müssen wir das machen. Wenn es gar nicht anders geht, dann auch erst nach der nächsten Bundestagswahl. Und dann gerne übrigens auch weiterhin zusammen in der Ampel! Zumal CDU und CSU eine Reform der Schuldenbremse wohl bis dahin den Teufel tun, um uns zu helfen…