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Neulich hatte ich morgens um 8.00 Uhr ein Treffen mit der Menschenrechtsaktivistin Alice Nkom aus Kamerun. Sie war in Berlin zu Gast, weil sie am Abend mit dem Amnesty-Menschenrechtspreis ausgezeichnet wurde. Ich war beeindruckt von dieser Frau!
Im Bundestag gibt es häufig Treffen von einzelnen Bundestagsabgeordneten mit Gästen und Experten. Diese Gespräche werden zum Beispiel über die Ausschüsse oder die Abgeordnetenbüros organisiert, in diesem Fall war es der Menschenrechtsausschuss.
Warum bin ich beeindruckt von Alice Nkom?
Sie ist 69 Jahre alt, seit vielen Jahren Rechtsanwältin und strotzt nur so vor Energie. Nachdem sich Alice Nkom zunächst vor allem zugunsten der Frauenrechte engagierte, setzt sie sich mittlerweile vor allem für die Rechte von Schwulen und Lesben im Kamerun und in Afrika ein. Sie hat dazu auch eine Organisation gegründet, die Rechtsbeistand, Beratung und Betreuung anbietet.
Dazu muss man wissen, dass Homosexuelle in Kamerun vom Staat verfolgt werden. In den Medien erhielt ein besonders tragischer Fall Aufmerksamkeit, wo ein junger Mann einem anderen per SMS die Liebe gestand und daraufhin von diesem denunziert wurde. Er wurde verhaftet und starb kurz nach seiner Haft. Eine Denunzierung reicht laut Amnesty bereits meist für eine Verhaftung aus.
Es muss also nur jemand sagen, jemand anderes sei schwul und dann kommt die Polizei. Alice Nkom vertritt im Kamerun vor Gericht schwule Männer oder solche, die als schwul verhaftet wurden. Seit sie das macht, erhält sie Morddrohungen. Und diese muss man ernst nehmen, nachdem im letzten Jahr ein Schwulenaktivist im Kamerun brutal ermordet wurde.
Alice Nkom: Verfolgung Homosexueller ist verfassungswidrig
Was für mich sehr spannend war, ist die Klarheit von Alice Nkom. Erstens geht sie die Sache rechtlich an und hat uns erklärt, dass eigentlich das Recht in Kamerun die Privatsphäre schütze, weswegen sie die Gesetzgebung gegen Homosexuelle in Kamerun als verfassungswidrig sieht und dagegen klagt.
Sie hat auch sehr klar gesagt, dass man die staatliche Verfolgung einer Minderheit nicht mit Tradition, Religion oder kultureller Eigenheit begründen oder akzeptieren dürfe. Menschenrechte sind unteilbar und da gibt es keine Ausnahme für Schwule und Lesben. Homophobie sei zudem keineswegs eine afrikanische Tradition. Tatsächlich werde Homophobie von afrikanischen Politikern häufig geschürt und genutzt, um von Problemen wie Korruption abzulenken und um sich als besonders religiös zu präsentieren.
Leider sind auch die Kirchen in Kamerun an der Hetze gegen Schwule und Lesben aktiv beteiligt. Die katholische Kirche spielt dabei eine starke Rolle in der Gesellschaft, zumal sie auch die Schulen, Universitäten und Krankenhäuser besitzt. Nicht zuletzt gibt es offenbar zahlreiche Kontakte und Kooperationen zwischen radikalen, evangelikalen Gruppen aus den USA (mit viel Geld) und afrikanischen Politikern. Evangelikale Gruppen kaufen zudem (mit Geld aus den USA) Sendezeit, um im Fernsehen Hasspredigten auf Schwule und Lesben zu verbreiten.
Ich fand die Forderungen von Alice Nkom an Deutschland und die EU sehr spannend: Wir dürfen es nicht einfach bei Kritik an Menschenrechtsverletzungen belassen, sondern müssen die Politiker persönlich bestrafen, zum Beispiel mit Einreiseverboten. Ich finde, wir brauchen im Bundestag auch eine breite Diskussion darüber, wie wir mit solchen Ländern umgehen wollen, die Teile ihrer Bevölkerung verfolgen. Das betrifft vor allem die deutschen Gelder der Entwicklungszusammenarbeit. Für mich stellt sich die Frage, ob eine Umschichtung der Gelder vom Staat hin zu zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht sinnvoll und notwendig wäre.
Weitere Informationen zu Alice Nkom und ihrer Arbeit