Schlagwörter
Berufsschule 14, Flüchtlingsklasse, Integration, Interkultureller Austausch
Gerne zur Schule gehen, geht das überhaupt? Bei meinem Besuch in einer sogenannten „Flüchtlingsklasse“ an der Beruflichen Schule 14 in Nürnberg konnte ich mich selbst davon überzeugen: Ja klar geht das!
Fünfzehn Schüler und eine Schülerin zwischen 16 und 21 Jahren absolvieren in der Beruflichen Schule 14 ihr zweites Schulgsjahr im Berufsintegrationsjahr für Lagerlogistik. Sie kommen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Eritrea, Äthiopien, Armenien und Bulgarien. Sie haben also ganz unterschiedliche ethnische und religiöse Hintergründe. Aber sie haben gemeinsame Ziele: den Berufseinstieg schaffen. Auf eigenen Beinen stehen. Die Chance nutzen, die sich ihnen bietet.
Gleich zu Beginn war ich erst mal völlig überrascht, als alle aufgestanden sind, um mich zu begrüßen. Der respektvolle und achtsame Umgang schuf eine angenehme und ruhige Grundstimmung für meinen Vortrag über meine Arbeit im Bundestag in Berlin und im Europarat in Straßburg. Die SchülerInnen hatten dank ihrer engagierten Lehrerin Frau Seiß de Caicedo ein bemerkenswertes Vorwissen über Demokratie und Gewaltenteilung, Rechte und Pflichten, Menschen- und Grundrechte.
Die Fragen und Gespräche im Anschluss an meinen Vortrag drehten sich mehr um kulturelle Werte als politische Punkte: Ist die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare aus religiösen Gründen nicht kritisch zu sehen? Warum gehen Deutsche nach Trauerfällen so schnell zum Alltag über? Welcher Altersunterschied zwischen jungen Liebespärchen ist eigentlich okay? Was sind typische Frauen- und Männerberufe – in den Herkunftsländern bzw. in Deutschland? Für Schulklassen untypisch: Ich wurde mal nicht gefragt, was ich verdiene 🙂
Neben einem großen Durst nach Wissen und beruflichem Ehrgeiz war auch ein ziemlicher Hunger nach Orientierung und Halt spürbar. Unsere Gesellschaft ist geprägt von Individualität, Heterogenität, Liberalität und im Idealfall von gegenseitiger Toleranz. Um all dies zu leben, braucht es aber einen eigenen, gefestigten Wertekanon und man muss die gegebenen kulturellen Techniken beherrschen.
Frau Oswald als Klassleiterin und Frau Seiß als Deutsch- und Sozialkundelehrerin leisten wundervolle Arbeit, genau das zu vermitteln. Ich bin begeistert und beeindruckt, mit welcher Freude und positivem Elan sie ihre herausfordernde Aufgabe meistern!