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Armenien-Antrag, Deutsches Reich, Osmanisches Reich, Türkei, Völkermord
Letzte Woche hat der Bundestag einen Antrag beschlossen, der sich mit dem Armenier-Völkermord 1915 befasst. Präsident Erdoğan hat den türkischen Botschafter in Berlin abgezogen. Abgeordnete mit türkischen Wurzeln erhalten jetzt Morddrohungen. Das geht gar nicht.
Nicht nur Erdoğan hat protestiert. Meine KollegInnen und ich im Bundestag haben bemerkenswert viele Zuschriften erhalten, die uns aufforderten, gegen den Antrag Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916 zu stimmen. Tenor der Briefe und E-Mails: Der Deutsche Bundestag habe sich nicht mit der türkischen Geschichte zu befassen, TürkInnen würden sich verletzt fühlen und der Antrag wird die bis heute erreichte Integration der TürkInnen in Deutschland kaputt machen. Das sehe ich nicht so.
Aber es kam noch schlimmer
Nicht nur die diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland leiden. Erdoğan bezeichnete die Abgeordneten mit türkischen Wurzeln unter anderem als verlängerten Arm der PKK. Solcherlei geistige Brandstiftung zog dann Morddrohungen nach sich. Drohungen und Hass gegen frei gewählte Abgeordnete, die eine Gewissensentscheidung getroffen haben, sind durchweg abzulehnen und müssen sofort enden. Meine Solidarität gehört den elf türkischstämmigen Mitgliedern des Deutschen Bundestages!
Der Bundestag und historische Ereignisse anderswo
Wir möchten niemandem etwas auswischen, wenn wir uns mit historischen Ereignissen anderswo befassen. Der Bundestag tut das immer wieder (siehe z.B. hier oder hier). Der Völkermord an den ArmenierInnen ist 101 Jahre her. Er fand im Osmanischen Reich statt, das es nicht mehr gibt. Das Deutsche Reich war 1915 an der Gewalt gegen die ArmenierInnen beteiligt. Dass diese Tatsache auf den Tisch kommt, verletzt mich als Deutsche nicht. Ich sehe das eher als Ansporn zu verhindern, dass so etwas wieder geschieht. Deutsche und TürkInnen müssen gemeinsam Aufarbeitung einfordern und für Versöhnung werben. Und wenn Deutsche und TürkInnen das gemeinsam tun, wird das ein Baustein für den Fortschritt der Integration sein.
Eingeständnis, Versöhnung und Wiedergutmachung ist auch noch an anderer Stelle bitter notwendig: Die Bundesregierung und Namibia planen, eine gemeinsame Erklärung zu erarbeiten. Diese soll die deutschen Kolonialkriege und den Völkermord an den Herero und Nama gemeinsam bewerten. Das halte ich für sehr wichtig. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass auch der Bundestag eine entsprechende Resolution verabschiedet.
Bildnachweis: (c) Deutscher Bundestag / Thomas Trutschel/photothek.net
Liebe Frau Heinrich, ich danke Ihnen für Ihren Mut, dies öffentlich anzusprechen und für Ihre Soldidarität mit den türkischstämmigen Abgeordneten. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ist das Ende von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. http://www.huffingtonpost.de/2016/01/01/tayyip-erdogan-adolf-hitler_n_8902576.html Erdogan nennt Hitler-Deutschland als Vorbild