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Die Bundeswehr zieht aus Afghanistan ab, das ist beschlossene Sache. Während der Militäreinsatz endet, wollen wir unser ziviles Engagement in Afghanistan weiterführen. Was sind die wichtigsten Felder?
Die US-Armee wird Afghanistan spätestens zum 11. September dieses Jahres verlassen haben, voraussichtlich schon viel früher. Das hatte Präsident Joe Biden jüngst verkündet. Auch die NATO hat das Ende der Ausbildungsmission „Resolute Support“ beschlossen. Folgerichtig verlässt auch die Bundeswehr das Land. Es wird unter den Verbündeten diskutiert und geplant, wann genau und wie der Abzug vonstatten geht.
Kurze Bilanz des deutschen Gesamt-Engagements
Eines der Hauptziele des internationalen militärischen Einsatzes war, die Terrororganisation Al-Qaida zurückzudrängen. Das ist auf jeden Fall gelungen. Auch dass die afghanische Armee jetzt befähigt ist, steht auf der Haben-Liste. Das sicherere Umfeld und das zivile Engagement hat zu einer vielfältigen Zivilgesellschaft geführt und zivilgesellschaftliches Leben (hinsichtlich Presse, NGOs, Frauen etc.) überhaupt erst wieder möglich gemacht. Entwicklungspolitische Projekte haben das Leben der Afghaninnen und Afghanen deutlich verbessert. Das lässt sich zum Beispiel an der gesunkenen Müttersterblichkeit, gestiegenen Lebenserwartung und Ausweitung der Bildung insbesondere für Mädchen festmachen.
Das internationale Engagement hat Afghanistan verändert. Und zwar zum Besseren. Viele stellen die Frage, ob diese Fortschritte auch nach dem Abzug der militärischen Kräfte Bestand haben werden. Spekulationen über eine Machtübernahme durch die Taliban oder einem erneuten Bürgerkrieg machen zurzeit die Runde. Ob es dazu kommt oder ob sich nicht doch eine Entwicklung zu mehr Stabiltät abzeichnet, lässt sich aktuell noch nicht vorhersehen.
Klar ist: Jeder, der die Erfolge zurückdrehen will und in die Zeit vor dem internationalen Engagement zurückkehren möchte, wird sich den Menschen in Afghanistan stellen müssen, die ihre in den letzten Jahren erkämpften Freiheiten zu schätzen wissen. Darüber hinaus laufen in Doha Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Diese Gespräche verlaufen nicht einfach. Der Abzug kann aber auch dazu führen, dass in dem innerafghanischen Friedensprozess eine neue Dynamik entsteht: Weder können die Taliban die Präsenz der internationalen Kräfte als Grund für Angriffe vorschützen, noch sich die Regierung hinter den internationalen Kräften verstecken.
Wie muss es jetzt weitergehen?
Die ganze Palette ziviler Instrumente – von der Unterstützung des Friedensprozesses bis hin zur Fortsetzung der humanitären Hilfe in Afghanistan – müssen wir weiter nutzen. Deutschland ist der zweitgrößte zivile Geber für Afghanistan; wir stellen jährlich bis zu 430 Millionen Euro für Entwicklungs- und Stabilisierungsprojekte zur Verfügung. Hinzu kommen jährlich 30 Millionen für humanitäre Hilfe. Das muss auch so bleiben. Ganz konkret werde ich mich für die folgenden Maßnahmen einsetzen:
- Deutschland muss sich weiter für die afghanische Zivilgesellschaft engagieren. Die Erfolge in der Bildung, bei Frauenrechten und bei demokratischen Strukturen dürfen nicht zurückgedreht, sondern müssen stabilisiert und ausgebaut werden.
- Wir dürfen nicht nachlassen, für bedürftige Gruppen weiterhin humanitäre Hilfe zu leisten.
- Deutschland muss bei den innerafghanischen Friedensverhandlungen weiterhin vermitteln.
- Wir haben eine besondere Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten. Zu viele sind getötet worden oder gefallen im Afghanistan-Einsatz und haben Angehörige und Freunde zurückgelassen. Viele sind körperlich und seelisch verletzt aus dem Einsatz zurückgekehrt. Hier haben wir die Pflicht für eine Nachsorge.
- Viele Afghaninnen und Afghanen haben für die Bundeswehr oder für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet. Für sie haben wir eine besondere Schutzverantwortung. Deswegen muss die Bundesregierung für sie schnelle und unbürokratische Lösungen finden.
- Wir müssen aus dem gesamten Afghanistan-Engagement lernen. Dieses muss unabhängig evaluiert und die Ergebnisse müssen veröffentlicht werden.
Fazit
Die SPD setzt sich auch in Zukunft für ein ziviles Engagement in Afghanistan ein. Die Bevölkerung in Afghanistan weiß Stabilität, Mitbestimmung und Entwicklung zu schätzen. Je stärker das alles ausgeprägt ist, desto mehr wird sich die Bevölkerung gegen alle stellen, die die Errungenschaften zunichte machen wollen.