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Schon vor ein paar Wochen habe ich die Firma Hofmann Personal in Nürnberg besucht. Sehr interessant war dabei ein persönliches und offenes Gespräch mit der Gründerin und Chefin Ingrid Hofmann.
Zeitarbeit ist zweischneidig. Das Beschäftigungsmodell wird oft mit Missbrauch und Ausbeutung in Verbindung gebracht. Die Beschäftigten haben irgendwie keine „richtigen“ Jobs, sie werden schlechter entlohnt … man ist sehr schnell dabei, Zeitarbeit als prekäre Beschäftigung einfach so abzutun.
Was Zeitarbeit idealerweise bringen soll, ist auch hinlänglich bekannt: Die Personaldienstleister leihen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an andere Firmen aus. Meist für einen bestimmten Zeitraum. Für diese Firmen ergibt sich so eine hohe Flexibilität, da sie je nach Auftragslage kurzzeitig mehr oder weniger Beschäftigte haben. Auf Arbeitnehmerseite ergeben sich vor allem für Langzeitarbeitslose neue Chancen zur Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt. Zum Beispiel, wenn sie übernommen werden.
Personalüberlassung, wie das Modell auch genannt wird, gibt es in Deutschland bereits seit Jahrzehnten. Letztes Jahr gab es über 1 Million Menschen in Zeitarbeit. An der Gesamtbeschäftigung ist das zwar nur ein Anteil von rund 3 Prozent. Vor fünf Jahren waren es aber erst 2,5 Prozent.
Zeitarbeit darf nur eine Stellschraube am Arbeitsmarkt sein
Aufgabe des Staates ist es, die Zeitarbeit gesetzlich zu regulieren, damit niemand ausgebeutet wird. Deshalb haben wir als SPD endlich den gleichen Lohn für Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer nach neun Monaten im Betrieb durchgesetzt. Die Höchstüberlassungsdauer wurde auf 18 Monate festgelegt. Nach dieser Zeit müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich übernommen werden, um dem Betrieb weiter zur Verfügung zu stehen.
Aber, so wurde im Gespräch deutlich: Die Branche ist nicht glücklich mit diesen Entscheidungen. Frau Hofmann würde die gleiche Bezahlung ab dem ersten Tag bevorzugen und dafür keine Höchstüberlassungsdauer. Und sie mahnt eine klarere Definition an, was „gleicher Lohn“ bedeutet. Sie argumentierte, dass die Unternehmen sich nur sehr ungern in die Karten – sprich ihre Lohnstruktur – gucken lassen. Manchmal geht das zu Lasten der Beschäftigen. Sie werden dann entlassen. Und die Höchstüberlassungsdauer führe zu großer Unsicherheit, wenn ArbeitnehmerInnen, die bei der Zeitarbeit fest angestellt sind, sich nach 18 Monaten entscheiden müssten, ob sie stattdessen eine meist befristete Stelle annehmen wollen – oder die Firma wechseln müssen.
Inhalte und Eindrücke meines Gesprächs bei Hofmann
In Nürnberg gibt es mit dem Unternehmen I. K. Hofmann ein erfolgreiches Zeitarbeitsunternehmen, das regelmäßig als herausragender Arbeitgeber auf diesem Gebiet ausgezeichnet wird. Grund dafür ist, dass es für faire Verträge und gute Arbeitsbedingungen steht.
In einem persönlichen Gespräch mit der Geschäftsführerin Frau Ingrid Hofmann habe ich erfahren, dass das Modell der Zeitarbeit auch ein gutes Instrument der Integration ist: Ein Drittel aller Flüchtlinge, die eine Beschäftigung aufgenommen haben, haben diese über den Weg der Zeitarbeit bekommen. Das ist übrigens nicht nur bei der Firma so, sondern bundesweit: Fast jeder dritte Leiharbeitnehmer bundesweit hat einen ausländischen Pass. Insofern ist Zeitarbeit für den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt von hoher Bedeutung, da der Schritt aus Arbeitslosigkeit in eine reguläre Beschäftigung für viele zu groß ist.
Was ich auch noch erfahren habe, und was mich sorgenvoll stimmt, ist: Es sind nur Männer. Frauen mit Fluchthintergrund werden bei der Firma so gut wie gar nicht vorstellig, und auch dies dürfte die bundesweite Situation gut widerspiegeln. Das heißt für mich auch, dass wir bei der Arbeitsmarktintegration viel stärker die Frauen in den Blick nehmen müssen. Dazu gehört die Information über das deutsche System der Kinderbetreuung und die besondere Berücksichtigung in Sprachkursen – dort fängt das Problem nämlich schon an (Frauen nehmen weniger häufig an Integrationskursen teil als Männer und brechen häufiger ab).
Was fordert die SPD-Bundestagsfraktion?
Trotz allem müssen wir dringend noch weitere Schritte gehen, um mehr Gerechtigkeit für Zeitarbeitnehmer und -arbeitnehmerinnen zu sorgen. Die SPD fordert die gleiche Bezahlung für Zeitarbeit vom ersten Tag an. Zudem sollen die Betriebsräte und Gewerkschaften als Kontrollinstrument bei Zeitarbeit und Werksverträgen gestärkt werden. Im Koalitionsvertrag von 2018 ist lediglich eine Evaluierung des bestehenden Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes vorgesehen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir weiterhin für unsere Forderungen kämpfen, um unser Ziel der Wertschätzung auch für dieses Arbeitsmodell zu erreichen.
Anders als die Linkspartei fordern wir aber kein Verbot der Zeitarbeit. Denn Zeitarbeit ist zwar nicht für alle ein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung. Aber: 67 Prozent der neu abgeschlossenen Zeitarbeitsverhältnisse im zweiten Halbjahr 2017 wurden mit Personen geschlossen, die direkt zuvor keine Beschäftigung ausübten bzw. noch nie beschäftigt waren. Wir wollen und dürfen diese Tür in den regulären Arbeitsmarkt nicht zumauern.